Die Regierung versagt beim Schutz von Sinti und Roma
Viele Sinti und Roma werden in Deutschland systematisch beschimpft, attackiert und auf dem Arbeitsmarkt, so wie in vielen anderen Bereiche benachteiligt. Ein neues Gutachten zeigt, wie alltäglich rassistische Anfeindungen hierzulande sind – und wie wenig die Bundesregierung dagegen unternimmt.
Am 24. Dezember wurde in Berlin das Mahnmal für 500.000 Sinti und Roma eingeweiht, die von den Nazis ermordet wurden. Kanzlerin Angela Merkel hat an dem Tag den Kampf gegen die Diskriminierung der Sinti und Roma zur Staatsaufgabe erklärt. Das Engagement währt aber offenbar nicht.
Im Bundestag wurde Vertretern des Menschenrechtsausschusses ein Gutachten vorgestellt, das beschreibt, was sonst so geschehen in diesem Bereich ist. Antiziganismus, also Rassismus gegen Sinti und Roma, ist in Deutschland weit verbreitet, heißt es in dem Dokument.
Die Studie dokumentiert, wie sich der Rassismus gegen Sinti und Roma in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland ausgebreitet hat, wie z.B.:
- – In Klinghain, Sachsen, wurde ein Wohnhaus nach einem Anschlag aus verbrannt. Die Bewohner waren zuvor als "Zigeuner" beschimpft und attackiert worden.
- – In Gelsenkirchen wurden 17 Wohnwagen in einem Viertel niedergebrannt, in dem Roma wohnen.
- Eine Stele in Merseburg, Sachsen-Anhalt, die an die Deportation der Sinti und Roma in Nazi-Deutschland erinnert, wurde allein zwischen Dezember 2009 und Januar 2012 siebenmal geschändet.
- – Als Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien in einer ehemaligen Kaserne in Schneeberg, Sachsen, untergebracht wurden, schrieb die Regionalzeitung: "Sie zählen zu den Sinti und Roma. Mit ihnen kam die Angst vor Kriminalität nach Schneeberg."
- – In Bayern durfte ein Mandatsträger der CSU ungestraft fordern: "Hauptsache, die Roma verschwinden."
Sinti und Roma werden laut der Studie in vielen Bereichen benachteiligt: Wohnungssuche, Arbeitsmarkt, Behörden u.s.w. In den Medien wurde in den vergangenen Monaten verstärkt gegen Migranten aus Rumänien und Bulgarien Stimmung gemacht. In einer Langzeitstudie der Universität Bielefeld zu "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" sagten im vergangenen Jahr 40 Prozent der Mehrheitsgesellschaft, sie wollten nicht in der Nachbarschaft von Sinti und Roma wohnen. Mehr als jeder Vierte forderte, Sinti und Roma sollten "aus deutschen Innenstädten verbannt werden". Und "Die Regierung tut so, als würde es den Rassismus gegen Sinti und Roma in Deutschland nicht geben.", sagt Markus End- Politikwissenschaftler und Autor des vom Bildungszentrum RomnoKher in Mannheim in Auftrag gegebenen Gutachtens.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sinti–und–roma–studie–prangert–rassismus–an–a-872375.html
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